Hygienemanagement in der Zahnarztpraxis – Ratgeber und Maßnahmen
Hygienemanagement in der Zahnarztpraxis: Das erwartet Sie in diesem Ratgeber
• Ziele und Nutzen des Hygienemanagement in der Zahnarztpraxis
• Schritt 1: Hygieneplan für die Zahnarztpraxis erstellen
• Schritt 2: Hygienemaßnahmen für einzelne Bereiche definieren
o Personal- und Händehygiene
o Personalkleidung und persönliche Schutzausrüstung
o Praxiswäsche
o Flächenhygiene, Geräte und Einrichtungsgegenstände
o Postexpositionsprophylaxe
o Aufbereitung von Medizinprodukten
o Wasserführende Systeme
o Mundhöhlenantiseptik
o Antibiotikaprophylaxe
o Abformungen und zahntechnische Werkstücke
o Abfallentsorgung
Hygienemanagement in der Zahnarztpraxis: das Wichtigste in Kürze
Hygienemanagement in der Zahnarztpraxis
Was ist Hygienemanagement?
Ziele und Nutzen des Hygienemanagements in der Zahnarztpraxis
Schritt 1: Hygieneplan für die Zahnarztpraxis erstellen
- Hautschutzplan
- Reinigungs- und Desinfektionsplan
- Arbeits- und Verfahrensanweisungen
- Regelungen zur Aufbereitung von Medizinprodukten
- Dokumentation zur Fortbildung und Unterweisung des Praxispersonals
- Betriebsanweisungen
- Sicherheitsdatenblätter
- Gebrauchsanweisungen
- Wartungsprotokolle und Prüfberichte
- Bestandsverzeichnis
- Aufstellung vorhandener Medizinproduktebücher
Schritt 2: Hygienemaßnahmen für einzelne Bereiche definieren
Personal- und Händehygiene
- Händewaschen
- Händedesinfektion
o Hygienische Desinfektion
o Chirurgische Desinfektion (vor Operationen): Desinfizieren der Hände und Unterarme (besondere Sorgfalt an Fingerkuppen und Nagelfalzen) - Anziehen von Handschuhen
- Hautschutz und -pflege
Personalkleidung und persönliche Schutzausrüstung
- Handschuhe: Diese sind wichtig, um Infektionsketten zu unterbrechen und die Haut unter anderem vor Chemikalien zu schützen.
- Mund-Nasen-Schutz: Er schützt die Mund- und Nasenschleimhäute vor dem Eindringen von Keimen und vor dem Kontakt mit kontaminierten Händen, insbesondere wenn die Gefahr des Verspritzens von Körperflüssigkeiten oder Chemikalien und der Übertragung durch Patienten besteht. Besonderen Schutz bieten hier FFP-Masken durch eine spezielle Filterung der Atemluft und eine bessere Passform.
- Schutzbrille oder Gesichtsschutz: Diese müssen bei Tätigkeiten getragen werden, bei denen es zu Spritzern von Körperflüssigkeiten und Chemikalien kommen kann.
- Schutzbekleidung: beispielsweise langärmelige Schutzkittel oder wasserdichte Schürzen je nach Tätigkeit, um vor schädlichen Einflüssen zu schützen und eine Kontamination der Arbeits- oder Privatkleidung mit Keimen zu verhindern. Das Personal muss nach jeder Tätigkeit oder jedem Patienten die Schutzkleidung wechseln. Sie dürfen die Pausenräume nicht in Schutzkleidung betreten.
Praxiswäsche
Was? | Wann? / Wie oft? |
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Wechsel der Wäsche |
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Aufbereitung von Praxiswäsche |
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Aufbewahrung von Kleidung |
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Neuanschaffung von Textilien |
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Flächenhygiene, Geräte und Einrichtungsgegenstände
Risikobewertung | Geringes Infektionsrisiko | Mögliches Infektionsrisiko | Besonderes Infektionsrisiko | Infektionsrisiko v.a. für Personal |
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Bereich | Treppenhaus, Flur, Büro, Pausenraum | Behandlungsraum, Toilette, Wartezimmer, Radiologie | OP | Labor, Entsorgung, Aufbereitung |
Fläche mit häufigem Hand-/Hautkontakt | Reinigung | Desinfektion | Desinfektion | Desinfektion |
Fußboden | Reinigung | Reinigung | Desinfektion | Desinfektion |
Sonstige Flächen | Reinigung | Reinigung | Reinigung | Desinfektion |
- Häufiger Hand – oder Hautkontakt: Untersuchungsliege, Zahnarztstuhl, medizinische Geräte (z.B. Blutdruckmessgerät, Stethoskop) und entsprechende Kontakt (v.a. Bedienelemente, Tastatur) und Hilfsmittel (z.B. Tabletts, Schalen)
- Aseptische Arbeiten: Zubereitung von Infusionen, Vorbereitung von Spritzen, Ablage von Instrumenten
- Fußboden in Bereichen mit besonderem Risiko: Operationsraum, Aufbereitungsraum, Labor
- Eingriffs- und Operationsraum: alle patientennahen Flächen, sichtbar kontaminierte Flächen, Fußboden, Armaturen und Waschbecken
Postexpositionsprophylaxe
Expositionsart- bzw. -ort | Empfehlung |
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Auge |
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Mundhöhle |
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Unverletzte Haut |
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Stich- und Schnittverletzungen |
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Blut (bei vermeintlicher Hepatitis oder HIV-Infektion) |
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Aufbereitung von Medizinprodukten
Unkritische Medizinprodukte | Semikritische Medizinprodukte | Kritische Medizinprodukte | |||
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Gruppe | A | B | A | B | |
Fieberthermometer, Anrührspatel, Pulsoximeter | Spiegel, Pinzette, Abformlöffel, Glas- und Silikonanrührplatten, Spatel | Ansatz des Ultraschallgerätes, Matrizen, Übertragungsinstrumente (konservierende Behandlung) | Chirurgische Hebel, Arterienklemmen, Raspatorium, Extraktionszangen | Übertragungsinstrumente (chirurgische Behandlung), Implantatbohrer |
Wasserführende Systeme
- Verwenden Sie Systeme mit eingebauter Rückschlagverhinderung, um den Rückfluss von gebrauchtem Wasser zu verhindern.
- Nutzen Sie gegebenenfalls die Selbstreinigungsfunktion (Autopurge) des Gerätes nach Angaben des Herstellers jeden Tag sowie nach jeder Behandlungseinheit.
- Spülen Sie die Entnahmestelle für Kühl- und Spülwasser mindestens 2 Minuten mit Wasser, und zwar täglich vor Behandlungsbeginn sowie nach jeder Behandlungseinheit.
Absauganlage
- Vermeiden Sie schwerkraftbedingten Rückfluss durch richtige Positionierung des Saugschlauches.
- Nehmen Sie nach jeder Patientenbehandlung eine Durchsaugung der Absauganlage vor.
- Reinigen und desinfizieren Sie die Absauganlage an jedem Arbeitstag mit einem geeigneten Reinigungs- und Desinfektionsmittel.
- Reinigen und desinfizieren Sie die festen Saugschläuche außen nach jeder Behandlung.
- Führen Sie bei abnehmbaren Verbindungsstücken und Saugschläuchen werktäglich eine Tauchdesinfektion oder eine Reinigung und Desinfektion im entsprechenden Gerät durch (siehe Anweisungen des Herstellers).
- Reinigen und desinfizieren Sie das Mundspülbecken durch Wischen nach jeder Patientenversorgung.
- Tauschen Sie die Filter von Absauganlagen aus (siehe Herstellerangaben).
- Verwenden Sie geeignete Drehkupplungen und modifizierte Absaugkanülen mit sekundären Lufteinlässen, um Unterdruck und Ansaugen zu vermeiden.
Mundhöhlenantiseptik
Antibiotikaprophylaxe
- Entfernung von Zähnen
- Parodontale Eingriffe, einschließlich Sondierung, Reinigung der Wurzel- oder Implantatbereiche und Parodontalchirurgie
- Implantation
- Reimplantation eines ausgeschlagenen Zahns
- Wurzelkanalbehandlung oder Wurzelspitzenresektion
- Einsetzen von kieferorthopädischen Bändern (keine Brackets)
- Intraligamentäre Anästhesie
Abformungen und zahntechnische Werkstücke
Abfallentsorgung
Was? |
Wo? / Wer? |
Restmüll |
Hausmüll |
Gefährliche Stoffe (Amalgamreste, Röntgenchemikalien) |
Entsorgungsunternehmen |
Verwertbare Abfälle |
Kommunale Wertstoffentsorgung |
Scharfe, spitze oder kontaminierte Abfälle |
Geeignete Behälter (Personenschutz beachten!) |
- Sammeln Sie Abfälle aus Untersuchungs- und Behandlungsräumen in widerstandsfähigen, auslaufsicheren und gegebenenfalls feuchtigkeitsbeständigen Einwegbehältern oder -säcken, die Sie vor dem Transport verschließen. Auf diese Weise können sie mit dem Hausmüll entsorgt werden.
- Beseitigen Sie kontaminierte Einweginstrumente oder Abfälle so, dass eine Verletzungs- und Infektionsgefahr für das Behandlungsteam und andere Personen ausgeschlossen ist. Dies kann in versiegelten, stich- und bruchfesten Einwegbehältern geschehen.
- Entsorgen Sie verbrauchte Desinfektionsmittellösungen über das Abwasser. Beachten Sie gegebenenfalls behördliche Grenzwerte für einzelne Wirkstoffe oder Chemikaliengruppen.
- Werfen Sie mikrobiologische Kulturen (z.B. Speicheltests) sicher verschlossen in den Hausmüll.
- Extrahierte Zähne ohne Amalgamfüllungen sind keine Körperteile im Sinne des Abfallschlüssels AS 18 01 02 und werden über den Hausmüll entsorgt.
Schritt 3: Praxisinterne Selbstkontrolle durchführen
Hygienemanagement in der Kieferorthopädie
Gesetzliche Grundlagen im Hygienemanagement
- Infektionsschutzgesetz (IfSG)
- Länderspezifische Verordnungen über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (HygMedVO)
- Richtlinien des Robert Koch-Institutes (RKI-Richtlinien)
- Biostoffverordnung (BioStoffV)
- Desinfektionsmittelliste des Verbunds für angewandte Hygiene (VAH)
- länderspezifische Hygieneverordnungen bei Lebensmittelhygiene das HACCP-Konzept
- Trinkwasserverordnung (TrinkwV)
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
- Vorgaben der Berufsgenossenschaften, z. B. Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250)
- Medizinproduktegesetz (MPG)
- Medizinproduktbetreiberverordnung (MPBetreibV)